Die Mieten explodieren, Verdrängungen der Mieterinnen und Mieter aus ihren Wohnungen sind die Folge. Die Mietenkrise hat sich durch die Coronakrise weiter verschärft. Dagegen sind die Einkommen für viele Bürgerinnen und Bürger gesunken. Die Mietbelastung ist deswegen vor allem in den Großstädten sehr hoch. Viele Menschen müssen mehr als 30 Prozent ihrer Einkommen für Wohnen aufbringen (z.B. Dortmund 50 Prozent, Köln 55 Prozent). Erstmals seit vielen Jahren sinkt der Wohnflächenverbrauch bei den unteren Haushaltseinkommen wieder.
Diese untragbare Situation ist durch verschiedene Entwicklungen der vergangenen Jahre beeinflusst. Durch die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit und die Privatisierung kommunaler und anderer öffentlicher Wohnungsunternehmen, wurde dieser besonders geschützte Wohnungssektor rechtlich erheblich verschlechtert. Die Folgen werden jetzt, in Zeiten der Anspannung immer deutlicher. Die Zahl geförderter Wohnungen nahm, nimmt und wird weiter dramatisch abnehmen. Finanzmarktgetriebene Unternehmen wie Vonovia und LEG versuchen mit immer neuen Methoden Mieterinnen und Mietern mehr Geld abzunehmen, um es den Kapitalanlegern auszuschütten. Die Spekulation mit Wohnraum und der Mangel an bebaubaren Grundstücken hat zu explodierenden Bodenpreisen geführt, auf denen kaum noch bezahlbarer Wohnraum entstehen kann. Mieterschutzverordnungen, die diese Steigerungen begrenzt hatten, wurden durch die Landesregierung weitgehend abgeschafft. Eine besonders bedrückende Entwicklung ist die Zunahme der Zahl von Wohnungslosen. In etlichen Städten kam der Wohnungsneubau zudem dem Bevölkerungszuwachs nicht hinterher.
Von der Landespolitik erwarten wir daher eine klare Antwort, um bezahlbares und gesundes Wohnen wieder für alle Menschen zu ermöglichen:
- das Fördervolumen der Wohnungsbauförderung muss erhöht werden. Die Förderkulisse sollte sich auf den Bau von Mietwohnungen konzentrieren.
- es braucht eine Stärkung und das Gewinnen neuer gemeinwohlorientierter Vermieter. Dafür wird auf Bundesebene eine Neue Gemeinnützigkeit benötigt. In NRW braucht es besondere Angebote der Wohnungsbauförderung für langfristig orientierte gemeinwohlorientierte Vermieter wie kommunale Unternehmen und Genossenschaften. Eine landeseigene Wohnungsgesellschaft kann hierzu einen wertvollen Beitrag leisten.
- nur über den Neubau kann der Mietenwahnsinn in NRW nicht gestoppt werden. Der Mieterschutz muss ausgebaut werden. Alle Mieterschutzverordnungen sind im ganzen Bundesland NRW anzuwenden.
- ohne weiteres Zögern muss die Landesverordnung in Kraft gesetzt werden, die den Kommunen die Instrumente des Baulandmodernisierungsgesetzes zugänglich macht!
- die verschuldeten Kommunen müssen gestärkt werden, um die Möglichkeiten des Wohnraumstärkungsgesetzes auszuüben.
- Der DMB NRW fordert Land und kommunen auf, landesweit Akteure und Strukturen einer demokratisch verfassten Wohnungsgemeinnützigkeit zu schaffen.
- Der DMB fordert ein flächendeckendes Verbot von Zweckentfremdung und Leerstand.
- auf Bundesebene sollte sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass die aus klimapolitischen Gründen notwendigen Modernisierungsmaßnahmen für Mieter tragbar bleiben und ein Mietenstopp eingeführt wird.
Wohnungspolitische Forderungen des Deutschen Mieterbundes Nordrhein-Westfalen an die Landespolitik
I. Entwicklung der Wohnungsmärkte in NRW
Die Anspannung auf den Wohnungsmärkten in NRW hat auch in den vergangenen zwei Jahren weiter zugenommen. Zum laufenden Jahr zeichnet sich keine Trendwende ab.
Im Ergebnis haben sich die Mieten in NRW in fast allen Regionen verteuert, im Neubau in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt um 37 Prozent auf 10,19 €/m² (2019). Die Wiedervermietungsmieten für Bestandswohnungen sind 2019 mit durchschnittlich 3,6 Prozent erneut stark gestiegen. Am deutlichsten erhöhte sich das Mietenniveau in der Rheinschiene und in den Universitätsstädten Aachen, Münster, Dortmund und Siegen. Aber auch in zahlreichen Gemeinden im Münsterland und in der Region zwischen Bielefeld, Paderborn und Lippstadt sowie in weiten Teilen des Ruhrgebiets stiegen die Mieten.
Die Konsequenz: Bei zu vielen Haushalten wird durch ständig stark steigende Mieten die kritische Grenze von 30 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnkosten überschritten. Teilweise zahlen Mieterhaushalte sogar 50 Prozent und mehr ihres Einkommens. Besonders betroffen sind Personen mit geringen Einkommen, deren besondere Probleme in der öffentlichen Wahrnehmung häufig untergehen. Auch noch vermeintlich günstige Wohnungsmärkte wie im Ruhrgebiet sind dann für viele Menschen teuer. Wohngeld lindert das nicht hinreichend.
Außerdem führen hohe Mietkostenbelastungen, verstärkte Eigenbedarfskündigungen, unzureichende Übernahme von Mietkosten bei Transferleistungsbeziehern und viele andere Gründe zu einer steigenden Zahl von Wohnungslosen und Menschen ohne jegliches Obdach. Zum Stichtag im Juni 2020 waren in NRW rund 50.000 Personen wohnungslos gemeldet – nochmals 12,5 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor.
Nach Berechnungen der NRW.BANK wären schon seit geraumer Zeit jährlich mehr als 80.000 neue Wohnungen erforderlich, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Die Baufertigstellungen hingegen liegen mit weniger als 43.000 jährlich deutlich darunter und gehen zudem in Art, Lage und Kosten oft am Bedarf vorbei.
Neben dem Neubau ist der verstärkte Einsatz gegen Leerstand und Instandhaltungsstau wichtig, um Abrisse zuvor bezahlbarer Wohnungen zu verhindern. Das Wohnraumstärkungsgesetz bietet dazu Möglichkeiten, die verschuldete Kommunen aber finanziell überfordern. Gerade strukturschwache Kommunen sind zudem verstärkt von Problemimmobilien betroffen. Von Seiten des Landes ist eine Unterstützung dieser Kommunen notwendig, um die Wohnungsaufsicht effizient einsetzen zu können.
Auch der preisgebundene Wohnungsbestand nimmt weiter ab. Wir gehen davon aus, dass allein rund 20.000 Wohnungen pro anno erforderlich wären, um den Wegfall durch das Auslaufen der Preisbindungen abzufangen. Im Jahr 2020 wurden nur 5.591 neue Mietwohnungen öffentlich gefördert. Dafür wurden ca. 792 Millionen Euro Fördermittel aufgewendet. Das pro Wohnung notwendige Fördervolumen steigt kontinuierlich. Um das Mindestziel von 20.000 Wohnungen zu erreichen, bräuchte man das 3,5-fache des derzeitigen Budgets aus Darlehen und Zuschüssen. Also allein 2,8 Milliarden Euro für die Mietraumförderung. Für die notwendige substanzielle Verbesserung im preisgebundenen Segment müssten diese Zahlen nochmals deutlich überschritten werde.
Für die immer größere Anspannung bei der Versorgung der Menschen in NRW mit Wohnraum gibt es verschiedene Gründe: Die Abschaffung der Gemeinnützigkeit 1990 hat nicht nur den Verkauf hunderttausender Wohnungen von gemeinwohlorientierten an finanzmarktgetriebene Vermieter wie Vonovia und LEG ermöglicht. Es fehlen inzwischen vielfach Unternehmen, die ihre Aufgabe in der Bereitstellung gut instandgehaltener bezahlbarer Wohnungen sehen.
Nach wie vor zieht es viele Menschen in die Schwarmstädte wie etwa Bonn, Köln, Düsseldorf, Münster oder Aachen, zunehmend aber auch in andere, vor allem Universitätsstädte. Das steigert die Wohnungsnachfrage und schließlich die Mieten.
Insgesamt hat sich nach einigen Jahren des Bevölkerungswachstums, die Zahl der in NRW lebenden Menschen seit 2020 wieder reduziert. Im Saldo der Geburten und Sterbefälle, Zu- und Fortzüge ist die Einwohnerzahl auf 17,925 Millionen gesunken. Das ist ein Minus von 0,12 Prozent im Vergleich zu Vorjahr. Hierbei muss allerdings auch die Ausnahmesituation infolge der „Corona-Pandemie“ berücksichtigt werden. Seit dem Jahr 2020 kommt es infolge der Krise zu Verunsicherung bei den Menschen, wirtschaftlichen Verwerfungen, stagnierenden oder sogar sinkenden Einkommen und gestiegenen Arbeitslosenzahlen. Es ist davon auszugehen, dass sich nach Ende der Krise die vorherige Tendenz des Wachstums in den Städten fortsetzt. Damit wird sich der Wohnraum in den prosperierenden Großstädten weiter verknappen und verteuern. Bevölkerungsverlust im ländlichen Raum ist die Kehrseite.
Hinzu kommen gesellschaftliche Veränderungen. So gehört die Single-Wohnung mit knapp 40 Prozent zum häufigsten Haushaltstyp. Die Zunahme von Singlehaushalten führt nicht nur zu einer Zunahme von Haushalten sondern auch der Wohnfläche pro Kopf. Immer mehr ältere Menschen leben häufig allein und weiterhin in familiengerechten Wohnungen. Sie verbleiben in zu groß gewordenen Wohnungen, weil es an kleinen und bezahlbaren Wohnungen fehlt.
Die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum wird derzeit zusätzlich erschwert durch die Baulandknappheit, die hohe Auslastung von Bauwirtschaft und kommunalen Bauverwaltungen sowie - aktuell - knapper und im Preis rasant steigender Materialien. Trotz guter Finanzierungsbedingungen wird gerade der Mangel an bebaubaren Grundstücken in vielen Regionen immer mehr zur Herausforderung und führt zu ständig steigenden Grundstückspreisen. Viel zu häufig werden Grundstücke mit Baurecht zu immer teurer werdenden Spekulationsobjekten und es bleiben Brachen.
II. Erwartungen an die Wohnungspolitik in NRW
Mieterschutz in NRW
Seit 2020 gilt die sogenannte Mieterschutzverordnung NRW. Trotz des wohlklingenden Namens wurde durch diese in weiten Teilen des Landes Kahlschlag beim Mieterschutz betrieben. Obwohl der Deutsche Mieterbund NRW die Erfüllung seiner langjährigen Forderung, die mieterschützenden Verordnungen zu vereinheitlichen, begrüßt, kann das Ergebnis nur als Desaster bezeichnet werden. Während zu Beginn der CDU/FDP-Regierung noch 59 Kommunen von der Gebietskulisse der damaligen Kappungsgrenzenverordnung umfasst waren, gilt die neue Verordnung lediglich für 18 lokale Wohnungsmärkte. Dadurch haben mehr als 3,5 Millionen Mieter:innen den erweiterten Mieterschutz komplett verloren.
Zwar war im Koalitionsvertrag der Landesregierung angekündigt, die mietrechtlichen Verordnungen zum Schutz der Mieter:innen in NRW komplett auslaufen zu lassen, so dass aus diesem Blickwinkel die Mieterschutzverordnung als Teilerfolg der politischen Arbeit des Mieterbunds NRW und des NRW-Aktionsbündnisses „Wir wollen wohnen!“ gesehen werden kann, gleichzeitig hat durch die massive räumliche Einschränkung eine der größten Einschränkungen des Schutzes von Mieter:innen in NRW stattgefunden. Der Deutsche Mieterbund NRW fordert, den Geltungsbereich der Mieterschutzverordnung NRW massiv zu erweitern und zumindest alle Wohnungsmärkte zu umfassen, die von wenigstens einer der vorherigen Verordnungen erfasst waren.
Der Deutsche Mieterbund NRW kritisiert das dieser Verordnung zugrundeliegende Gutachten. So fordert dieses, im Vergleich zu früheren Abhandlungen, strengere Maßstäbe an das Vorliegen eines angespannten Wohnungsmarktes. Eine sachliche Begründung für die Änderung der Praxis fehlt. Vielmehr scheint diese Vorgehensweise eine politische Entscheidung zu sein, die die Größe der Gebietskulisse beeinflussen soll. Ebenso werden weitere wichtige Indikatoren, wie zum Beispiel die Betrachtung des Leerstandes, im Gutachten überhaupt nicht berücksichtigt und die im Gutachten verwendeten Daten sind teilweise stark veraltet oder beruhen auf fehlerhaften Hochrechnungen. Vor Ort stellt sich die Realität häufig gänzlich anders dar als in der Vorstellungswelt dieser Gutachter.
Mit der Einführung des Wohnraumstärkungsgesetzes wurde, wie durch den Deutschen Mieterbund NRW gefordert, ein Instrumentarium geschaffen, um gegen Zweckentfremdung von Wohnraum u.a. durch Fremdenbeherbergung vorzugehen. Das Land muss aber sicherstellen, dass die Kommunen diese Instrumente auch nutzen können. Nach wie vor finden sich auf Online-Plattformen Angebote, die nahelegen, dass gegen das Gesetz verstoßen wird. Die personelle Ausstattung der Wohnungsämter muss verbessert werden, um hier einen effektiven Schutz zu gewährleisten.
Wir richten uns ausdrücklich nicht gegen die einmalige Vermietung der eigenen Wohnung während der Urlaubsabwesenheit an Touristen. Wenn aber Wohnraum ganzjährig von gewerblichen Anbietern angeboten wird, dann wird dieser dem Wohnungsmarkt faktisch entzogen und verschärft damit insbesondere in den Metropolen die Wohnungsnot.
Neben den bisherigen Instrumentarien fordert der Deutsche Mieterbund NRW die Einführung eines Wohnungswirtschaftsgesetzes, das besondere Anforderungen an Mietverhältnisse großer, nicht gemeinwohlorientierter Vermieter stellt. Die baulichen Mindestanforderungen müssen gesetzlich definiert werden, es muss volle Transparenz bezüglich der Eigentümerstruktur geben und die Wohnungsaufsicht muss durch geeignete Eingriffsmöglichkeiten weiter gestärkt werden. Hierfür bedarf es der Einrichtung eines Wohnungsregisters.
Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum
Öffentlich geförderter Wohnungsbau
Die Zeit des Mietenstopps ist für eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik zu nutzen! Entscheidend dabei ist vor allem der öffentlich geförderte Wohnungsbau.
Dabei muss sich das Land an der Finanzierung endlich stärker aus eigenen Haushaltsmitteln beteiligen. Die rund 1,1 Mrd. Euro Fördermittel stammen in Höhe von ca. 793 Mio. Euro aus dem revolvierenden Landesbauvermögen und in Höhe von 210 Mio. Euro aus Mitteln des Bundes und selbst die in Höhe von 97 Millionen verwendeten Landesmittel stammen aus Kompensationsmitteln des Bundes. Der Deutsche Mieterbund NRW fordert eine stärkere Fokussierung der Förderung von Mietwohnungen und dabei auch den erheblich größeren Einsatz von eigenen Landesmitteln. Darüberhinausgehende Eigentumsförderung ist aus dem Landeshaushalt zu finanzieren.
Beim öffentlich geförderten Wohnungsbau besteht nach wie vor das Problem, dass weit mehr Wohnungen aus der sozialen Bindung fallen als hinzukommen. 2019 gab es in NRW noch rund 457.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Nach einer Vorausberechnung der NRW.BANK gehen davon bis 2030 noch einmal 40 Prozent verloren.
Auch ein gut akzeptiertes Wohnungsbauprogramm kann an diesem Umstand nichts ändern, denn die soziale Wohnraumförderung erkauft immer nur Bindung auf Zeit, so dass Wohnungen, die heute mit Steuermitteln gefördert werden, nach nur 20, 25 oder 30 Jahren freifinanzierten gleichgestellt werden.
Der Deutsche Mieterbund NRW fordert daher die Schaffung eines rechtlichen Instrumentariums, das dauerhaft preisgebundene Wohnungen ermöglicht.
Das Land NRW sollte eine Stärkung gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen durch besondere Angebote für langfristige Mietpreisbindungen im Rahmen der Wohnungsbauförderung verankern. Denkbar ist auch, solchen Unternehmen einen privilegierten Zugang zur Wohnraumförderung und landeseigenen Grundstücken zu gewähren.
Landeseigene Wohnungsbaugesellschaft
Häufig werden die zur Verfügung gestellten Fördermittel nicht abgerufen. Daher muss das Land die Kommunen auch direkt bei der Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum stärker unterstützen. Dazu gehört auch der Aufbau einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft zur Schaffung von öffentlich gefördertem Wohnraum sowie die Stärkung kommunaler Wohnungsunternehmen, idealerweise mit dauerhaften Bindungen. Gerade kleine und mittelgroße Kommunen, die mittlerweile auch vom Problem steigender Mieten betroffen sind, verfügen nicht über ausreichend Personal, finanzielle Mittel und Fachkenntnis, um ein kommunales Wohnungsunternehmen auf die Beine zu stellen. Hier könnte das Land als Servicestelle fungieren, um vorhandene Grundstücke schneller zu bebauen. Der DMB NRW fordert den Landes- und Bundesgesetzgeber auf dafür zu sorgen, dass die Wohnungsbestände der spekulativ- und finanzmarktorientierten Wohnungseigentümer ordnungsgemäß und mieterorientiert verwaltet werden.
Soziale/aktive Bodenpolitik
Das Fehlen von ausreichenden und bezahlbaren Grundstücken ist das zentrale Problem bei der Schaffung von Wohnraum. Um preisgünstigen Wohnraum zu erstellen, sollten die Gemeinden nicht länger ihre Grundstücke zum Höchstpreis veräußern müssen, vielmehr sollen Aspekte der zukünftigen Nutzung für dauerhaft preisgünstigen Wohnraum entscheidend sein.
Außerdem müssen in angespannten Wohnungsmärkten Verdichtungspotenziale für den Wohnungsbau genutzt werden. Dazu gehören die Ausweisung von Neubaugebieten, das Überdenken der Stellplatzregelungen, die Zahl der zulässigen Geschosse bei öffentlicher Förderung und eine größere Akzeptanz der Nachbarschaft.
Nur wenn Kommunen über ausreichend Bauland verfügen, können sie den Bodenpreis sowie Art und Umfang der Bebauung nach Bedarf steuern und soziale Vorgaben durchsetzen. Deshalb sollten Kommunen – und auch das Land - eigene Grundstücke, die sie nicht selbst nutzen, nicht zu Spekulationszwecken verkaufen. Sie sollen vielmehr ihren Immobilienbestand aktiv ausbauen.
Es müssen Instrumente wie das Erbbaurecht zum Tragen kommen. Dabei kann die Kommune soziale Entwicklungsgrundsätze, wie etwa Mietpreisbegrenzungen oder Belegungsbindungen, vertraglich festschreiben. Der Deutsche Mieterbund NRW fordert, dass der Erbbauzins nicht höher als der Bankzins für Hypotheken liegen soll. Wohnungsunternehmen, welche die Kriterien einer Gemeinnützigkeit dauerhaft erfüllen, sind bei der Vergabe von Wohnungsbaufördermitteln und der Vergabe öffentlicher Grundstücke in Erbpacht zu priviligieren.
Außerdem bieten Modelle für eine sozialgerechte Bodennutzung über Quotenregelungen für den sozialen Wohnungsbau eine positive Einflussmöglichkeit der Kommunen auf die Mietpreisentwicklung.
Das Instrument der Baugebote muss ertüchtigt und beherzt genutzt werden, das Baulandmobilisierungsgesetz zur Anwendung gebracht werden.
Den Kommunen ist ein Vorkaufsrecht einzuräumen, wenn baureife und baugenehmigte Grundstücke nicht innerhalb einer gewissen Frist bebaut werden. Der Preis richtet sich nach dem Wert vor Veredelung durch Baurecht.
Der Deutsche Mieterbund NRW fordert vom Land, auf die Baulandentwicklung zu Gunsten von preisgünstigem Wohnungsbau Einfluss zu nehmen und eine aktive Bodenpolitik der Kommunen zu unterstützen. Dabei dürfen Haushaltssicherungsauflagen nicht den Bau und die Erhaltung kommunaler Wohnungsbestände erschweren. Auch landeseigene Grundstücke sollen vorrangig diesem Ziel dienen.
Steuern
Neben mietrechtlichen Instrumenten zur Dämpfung des Mietniveaus, hat der Staat es auch über die Steuerpolitik in der Hand, Wohnkosten zu senken. NRW gehört mit seiner 6,5 -prozentigen Grunderwerbsteuer zu den Bundesländern mit dem höchsten Satz. Das verteuert das Bauen, somit den Erwerb von Wohneigentum und wirkt sich auch auf die Mieten aus. Wir fordern deshalb für Selbstnutzer und gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen eine Absenkung der Grunderwerbsteuer. Versprochen – gebrochen: CDU und FDP in NRW haben die letzte Landtagswahl auch mit dem Versprechen gewonnen, die Grunderwerbsteuer zu senken. Nichts ist geschehen.
Es hat sich gezeigt, dass die ständige Veräußerung von Wohnungsbeständen einer nachhaltigen Wohnungsbewirtschaftung entgegensteht. Um die „Kauflaune“ von Unternehmen zu bremsen, ist ein Eingreifen des Bundesgesetzgebers erforderlich. Wir halten es für skandalös, wenn Familien, die Wohneigentum bilden, mit bis zu 6,5 Prozent Grunderwerbssteuer belastet werden, während die „Großen“ über den Kauf ganzer Unternehmen mit Tausenden von Wohnungen steuerfrei bleiben. Wir fordern die Abschaffung steuerlicher Begünstigungen von „Share Deals“. Die Enquete-Kommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und Neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW“ formulierte hierzu bereits 2013 verschiedene Forderungen, die auch vom Landtag beschlossen wurden. Im Einzelnen bleibt es also bei den Forderungen des DMB NRW, dass die Voraussetzungen einer Grunderwerbsteuerpflicht dahingehend geändert werden, dass der Kauf von Anteilen immobilienhaltender Gesellschaften in diesem Sinne steuerpflichtig wird. Die Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften muss abgeschafft werden.
Auch wenn nur Anteile einer Gesellschaft verkauft werden, dürfen diese steuerlich nicht befreit werden. In den meisten Fällen werden die restlichen Anteile der Gesellschaft über Partner oder nach einer Frist von fünf Jahren erworben. Solche Umgehungen müssen verhindert werden. Dem Staat entgehen dadurch jährlich Einnahmen von rund einer Milliarde Euro, rund zehn Prozent des Gesamtaufkommens der Grunderwerbsteuer. Geld, das insbesondere für den öffentlich geförderten Wohnungsbau eingesetzt werden sollte.
Stetig steigende Betriebskosten sorgen dafür, dass das Wohnen für Mieterinnen und Mieter kaum noch bezahlbar ist. Hierzu gehört u.a. die Steigerung bei den Grundsteuerhebesätzen; so waren viele defizitäre und überschuldete Kommunen in der Vergangenheit gezwungen, ihre Haushaltslage durch horrende Erhöhung der Grundsteuerhebesätze zu verbessern.
Die Grundsteuer zählt gemäß § 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung zu den Betriebskosten und ist damit umlagefähig. Nach Ansicht des Deutschen Mieterbundes Nordrhein-Westfalen bezieht sich die Grundsteuer auf den Grundstückswert. Schuldner der Grundsteuer kann somit nur der Eigentümer des Grundstückes sein und nicht der Mieter. Wir fordern deshalb die Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieterinnen und Mieter.
Die Grundsteuer auf unbebaute, für das Wohnen geeignete Grundstücke muss deutlich steigen, um sie an den Markt zu bringen und Spekulationen zu hemmen.
Angemessener Wohnraum für alle
Wohnen ist ein Menschenrecht. Alle Menschen in NRW müssen Zugang zu menschenwürdigem Wohnen bekommen. Der Deutsche Mieterbund NRW fordert, dass dieses Recht auf Wohnen in die Landesverfassung aufgenommen wird. Der Verdrängung einkommensschwächerer Bewohnerinnen und Bewohner aus den wachsenden Städten und angesagten Stadtteilen ist Einhalt zu gebieten. Es ist sicherzustellen, dass es für sämtliche Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Wohnraumbedarfen Zugang zu den Wohnungsmärkten gibt. Dazu gehören:
- die Errichtung von barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen,
- Unterstützungsangebote bei der Suche nach geeignetem Wohnraum,
- spezielle Programme zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit,
- angemessene, schlüssige Konzepte für die Berechnung der Kosten der Unterkunft
(dabei sind Mieten anzuerkennen, die auch den realen Verfügbarkeiten auf den Wohnungsmärkten entsprechen), - der Bau ausreichenden Wohnraums für Auszubildende und Studierende und
- die weitestgehende Vermeidung von Zwangsräumungen im Wege vorbeugender Obdachlosenhilfe.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten
Kommunale Wohnungsunternehmen müssen wieder stärker aktiviert werden, preisgebundenen Wohnraum zu schaffen, im Bestand und im Neubau. Darüber hinaus muss die Geschäftspolitik dieser Unternehmen dem langfristigen Erhalt der Bestände dienen. Kommunale Wohnungsunternehmen dürfen nicht dafür herhalten müssen, die Haushaltslöcher der Kommunen zu stopfen. Immer noch verfügen nicht alle Gemeinden über ein fachlich fundiertes, regelmäßig aktualisiertes kommunales Wohnraumversorgungskonzept. Das Thema „Wohnraumversorgung“ und „bezahlbares Wohnen“ einschließlich des Problems der Verdrängung von einkommensschwachen Mieterhaushalten muss dabei einen besonderen Schwerpunkt bilden. Kommune und Land sollte das Projekt Smart City kritisch im Hinblick auf Digitalisierung, Datenschutz und Cyberangriffe begleiten.
III. Erwartungen an die Wohnungspolitik im Bund
Mietrecht ist in weiten Teilen Bundesrecht. Deswegen fordert der Deutsche Mieterbund NRW die Landesregierung auf, sich auch auf Bundesebene für einen besseren Mieterschutz einzusetzen.
Neue Wohnungsgemeinnützigkeit
Die Wiedereinführung eines gemeinnützigen Wohnungssegments auf Bundesebene mit dauerhaften Sozialbindungen der Wohnungsunternehmen und damit der Wohnungsbestände ist voranzutreiben. Dafür muss auch der Bestand an Wohnungen im Eigentum von Bund, Ländern und Kommunen deutlich erhöht werden.
Bezahlbare Mietwohnungen werden in erster Linie von kommunalen Unternehmen, Genossenschaften oder anderen gemeinwohlorientierten Akteuren, z. B. kirchlichen Organisationen, gebaut. Als mögliche Träger einer neuen Gemeinnützigkeit sind sie zu stärken und zu fördern. Mittelfristig muss der Anteil dauerhaft gebundener Wohnungen auf 30 Prozent erhöht werden. Hierzu sind auch das Vorkaufsrecht der Gemeinden mit Preislimitierung und deren Möglichkeiten, Immobilien anzukaufen, zu stärken.
Eckpunkte für eine „Neue Wohnungsgemeinnützigkeit“ sind neben einer unbefristeten Mietpreisbegrenzung unter anderem eine langfristige Zweckbindung der Mittel des Unternehmens, eine Baupflicht und eine Gewinnbeschränkung auf max. vier Prozent des eingebrachten Kapitals.
Eine solche „Neue Wohnungsgemeinnützigkeit“ benötigt die Bildung neuer Träger der sozialen Wohnraumversorgung. Aber auch für schon bestehende private Wohnungsunternehmen kann dies attraktiv sein, zum Beispiel durch die Einbringung von Teilen des Wohnungsbestandes in ein entsprechendes Tochterunternehmen mit gemeinnütziger Bindung. Über den Anreiz der Steuerbefreiung oder Steuergutschriften kann schnell ein breites und räumlich verteiltes Angebot von dauerhaft belegungs- und mietpreisgebundenen Wohnungsbeständen entstehen.
Das Land NRW soll auf Basis der Gemeinnützigkeit Standards für einen privilegierten Zugang zur Wohnraumförderung und zum Erwerb landeseigener Grundstücke festlegen. Fördermöglichkeiten des Landes sollen auf die Bedürfnisse gemeinnütziger Wohnungsunternehmen zugeschnitten werden.
Bundesweiter Mietenstopp
Die Mieten in bestehenden Mietverhältnissen steigen weiter an, auch während der Corona- Pandemie. Die Mieten gehen nicht nur in den Ballungsräumen nach oben, der Anstieg hat längst auch kleinere Kommunen und Städte erreicht. Da der Wohnungsbau dem Bedarf seit Jahren hinterherhinkt, ist eine Entspannung dieser Situation kurzfristig nicht zu erwarten. Um Mieterhaushalte nicht noch weiter finanziell zu überfordern, müssen Mieten in bestehenden Mietverhältnissen abseits von energetischen Modernisierungen bundesweit und flächen-
deckend für sechs Jahre auf dem jetzigen Niveau eingefroren werden. Die Zeit ist zu nutzen, den Wohnungsneubau zu forcieren.
Auch bei Wiedervermietungen brauchen wir strikte Oberwerte. Das gilt auch für Staffel- und Indexmieten. Damit faire Vermieter, wie etwa viele Genossenschaften und private Vermieterinnen und Vermieter, nicht in Bedrängnis kommen, soll ihnen eine maximale Mietsteigerung von zwei Prozent jährlich erlaubt sein, soweit die bislang gezahlte Miete bestimmte Oberwerte nicht übersteigt. Diese orientieren sich ‑ wo möglich ‑ an der ortsüblichen Vergleichsmiete. Neubau ist ausgenommen, damit weiter dringend benötigter Wohnraum geschaffen wird.
Durch das Bundesverfassungsgericht wurde entschieden, dass die Kompetenz für die Einführung von Mietobergrenzen beim Bund liegt. Der Mieterbund NRW fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für einen solchen Mietenstopp einzusetzen.
Sozialgerechte Lösungen beim Klimaschutz
Unser Land steht vor einer der größten Transformationen in Struktur und Bestand: Bis spätestens 2050 soll NRW CO2-neutral werden. Neben dem Wirtschafts- und Verkehrssektor ist dabei der Bereich „Wohnen“ am stärksten betroffen.
Der DMB NRW unterstützt die Klimaschutzziele der Bundesregierung. Die energetische Sanierung von Wohngebäuden ist dabei ein zentraler Gesichtspunkt. Wichtig ist, dass die Themen integriert und nicht nur sektoral betrachtet werden. Klimagerechte Siedlungsentwicklung bedeutet nicht nur die, zumeist für Mieter unverhältnismäßig teure Modernisierung der Wohnungen, sondern auch eine Anpassung der Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur.
Die CO2-Abgabe soll Verhalten steuern und Investitionen lenken. Die Eigentümer entscheiden über die Art der Wärme- und Warmwasserversorgung der Wohnungen, über den Zustand und die Emissionen der Geräte und Anlagen. Also sind sie auch mit der CO2-Abgabe zu belasten. Mindestens aber ist sie von beiden Mietvertragspartnern hälftig zu tragen.
Um den gesellschaftlichen Auftrag zum Schutz des Klimas auch in Zukunft zu erfüllen, müssen notwendige Modernisierungsmaßnahmen so angelegt sein, dass sie auch finanziell tragbar sind.
Ohne Mieterstrom wird es nicht gehen; Bund und Land haben dafür zu sorgen, dass es gehen kann. Baurechtliche und steuerliche Hemmnisse sind zu beseitigen, damit die auf dem Dach erzeugte Energie emissions- und barrierefrei unter dem Dach genutzt werden kann.
Bundesweit gelten acht Prozent Modernisierungsaufschlag mit einer Höchstgrenze von zwei bzw. drei Euro pro Quadratmeter binnen sechs Jahren. Die Erfahrung aus den Mietervereinen zeigt, dass viele Investoren damit gute Rendite erwirtschaften. Angesichts des bereits hohen Mietniveaus können sich Mieter ihre Wohnungen danach oft nicht mehr leisten.
Der Deutsche Mieterbund NRW fordert deshalb, dass Modernisierungen innerhalb des Vergleichsmietensystems berücksichtigt werden oder hilfs- und übergangsweise die Modernisierungsumlage zumindest deutlich gesenkt wird. Der Mietaufschlag sollte sich am energetischen Einsparergebnis orientieren und nicht an den häufig schwer nachvollziehbaren „Kosten“. Idealerweise sollte warmmietenneutral saniert werden. Öffentlich geförderte Anreize für die energetische Sanierung ergeben sich aus unmittelbaren Zuschüssen, aus zinsverbilligten KfW-Darlehen und einer gezielten steuerlichen Förderung. Auch beim Wohnungsneubau sind Aspekte des Klimaschutzes noch stärker zu berücksichtigen.