Die geplanten politischen Maßnahmen zur Energieeinsparung wegen der unsicheren Versorgungslage mit Gas führen nach Prognosen des Deutschen Mieterbundes Nordrhein-Westfalen dazu, dass insbesondere Haushalte mit geringen Einkommen über ihre Leistungsfähigkeit hinaus belastet werden. Viele Menschen mussten schon vor Beginn der Krise alle Sparmöglichkeiten nutzen: Dadurch, dass in vielen Kommunen in NRW die Wohnkosten weit über den Zumutbarkeitsgrenzen von 30%, teilweise sogar über der Hälfte des Haushaltseinkommens liegen und gleichzeitig die stärkste Inflation seit Jahrzehnten eingetreten ist, gibt es viele Haushalte, die bereits jetzt, auch im Energiebereich, so stark sparen, dass eine weitere Steigerung gar nicht möglich ist.
Wenn vor diesem Hintergrund aufgrund politisch beabsichtigter „Preissignale“, die gegebenenfalls für wohlhabendere Haushalte durchaus sinnvoll sein können, die Gaspreise explodieren, würde es zu massiven Überlastungen bei den finanziell Schwächsten kommen. Im Jahresvergleich zu 2021 sind die Arbeitspreise für Neuverträge beim Gasbezug teilweise um das Dreifache gestiegen. Ähnliches gilt für Heizöl. Eine vergleichbare Erhöhung wird in den nächsten Monaten auch für die meisten bestehende Verträge erwartet.
„Im Ergebnis ist es richtig, dass in so einer Lage jeder so viel wie möglich sparen soll. Aber dabei darf nicht vergessen werden, dass viele Menschen genau das jetzt schon tun. Es würde in eine soziale Katastrophe führen, hier noch weiter zu belasten,“ sagt Hans-Jochem Witzke, der Vorsitzende des DMB NRW.
Eine besondere Brisanz bekommt das Thema außerdem, weil Menschen, für die der Kostenfaktor bei der Wohnungssuche am entscheidendsten war, oft in schlecht sanierte, aber dafür bei den Kaltmieten noch günstigere Wohnungen eingezogen sind. Hier wird trotz aller Sparsamkeit selbst für das Existenzminimum immer noch erheblich mehr Energie verbraucht als in teuren, modernen Wohnungen für behagliche Wärme. Außerdem werden nach der derzeitigen Rechtslage bis zu 50% der Heizkosten verbrauchsunabhängig nach Wohnungsfläche verteilt, auf bis zur Hälfte der Kosten haben einzelne Mieter daher oft gar keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit.
Der Mieterbund NRW fordert daher, die sozialen Verwerfungen abzufangen:
- Die gestiegenen Energiekosten müssen über staatliche Leistungen ausgeglichen werden. Dabei muss die individuelle Situation der Menschen berücksichtigt werden. Pauschale Zahlungen überkompensieren teilweise die Haushalte in gut gedämmten Häusern, während andere Haushalte überfordert werden.
- Das Wohngeld muss mit einer Energiekomponente deutlich erhöht werden, aber vor allem muss der Kreis der Berechtigten erheblich ausgeweitet werden. Die bisherigen Grenzen führen dazu, dass selbst Menschen, die in Vollzeit für den Mindestlohn arbeiten, meist keinen Anspruch auf Wohngeld haben.
- Die Städte und Kreise müssen die Kosten der Unterkunft zügig der geänderten Realität anpassen.
- Um Haushalte nicht in der Krise weiter zu belasten, müssen Steigerungsmöglichketen der Mieten zeitweise ausgesetzt werden. Es ist nicht vermittelbar, dass angeblich alle ihren Beitrag zur Krisenbewältigung leisten sollen, aber gleichzeitig Immobilienunternehmen weiterhin Rekordgewinne einfahren und Dividenden in Milliardenhöhe ausschütten.
- Mieterhaushalte dürfen wegen Energiearmut nicht Gefahr laufen, die Wohnung zu verlieren. Kündigungen wegen geschuldeter Mieten und Nebenkosten müssen für die Zeit der Krise und auch rückwirkend ausgeschlossen sein, die Pflicht zur Mietzahlung gestundet werden. Zwangsräumungen sind sofort zu stoppen. Die aktuelle Ausnahmesituation darf unter keinen Umständen zum Verlust der Wohnung führen!
Mieterinnen und Mieter, die Heizkostenabrechnungen erhalten, können diese bei den 48 Mietervereinen des DMB NRW prüfen lassen. Unabhängig von der Energiekrise ist rund jede zweite Abrechnung nach Erfahrungen des DMB NRW falsch. In der größeren Zahl der Fälle zu Lasten der Mieterinnen und Mieter.