Trompete spielen/üben in der Wohnung? Ja, aber!

„Jeder Nachbar hat sich so zu verhalten, dass kein anderer mehr als unvermeidbar belästigt wird. Die Umstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Das häusliche Musizieren und das dazugehörige Üben sind sozialadäquat und somit in Grenzen von Nachbarn hinzunehmen.“ So fasst Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Deutschen Mieterbundes Nordrhein-Westfalen, das jüngste BGH-Urteil (Az: V ZR 143/17) zusammen.

Im vorliegenden Fall klagten Nachbarn gegen einen Berufsmusiker beim Staatstheater Augsburg, der zu Hause Trompete übt und einmal in der Woche für zwei Stunden Schüler an dem Instrument ausbildet. Das Landgericht Augsburg hatte dahingehend entschieden, dass der Beklagte keinen Musikunterricht mehr erteilen darf und dass er werktags für maximal zehn Stunden pro Woche im Dachgeschoss musizieren kann. Ferner wurde ihm erlaubt, dass er an maximal acht Samstagen oder Sonntagen im Jahr jeweils maximal eine Stunde Trompete üben darf. Gegen dieses Urteil des Landgerichts Augsburg hat der Beklage dann die Revision beim BGH eingelegt.

Der BGH hat nun festgestellt, dass das Landgericht Augsburg bei seiner Entscheidung einen zu strengen Maßstab zugrunde gelegt hat. Das Musizieren gehört zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit. Natürlich müssen hierbei aber auch die Interessen des betroffenen Nachbarn gewahrt werden. Der BGH geht davon aus, dass sich eine zeitliche Regelung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem Ausmaß der Geräuscheinwirkung, der Art des Musizierens und den örtlichen Gegebenheiten richtet. Eine Beschränkung auf 2-3 Stunden an Werktagen und 1 bis 2 Stunden an Sonn- und Feiertagen, jeweils unter Einhaltung der üblichen Ruhezeiten in der Mittags- und Nachtzeit, kann als grober Richtwert dienen. 

Die Sache wurde an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen, damit es Feststellungen dazu treffen kann, welche Störungen durch den Musikunterricht entstehen, und damit es die Zeiten, zu denen musiziert werden darf, abschließend festlegen kann.

Schon 1998 hatte der BGH ähnlich entschieden, dass Freiräume zum Musizieren eingeräumt werden müssen, auch wenn die Zimmerlautstärke dabei überschritten wird. In einem gut gedämmten Haus mehr als in einem hellhörigen, bei Senioren weniger als bei jungen Mieterinnen und Mietern. 

„Aus dem jüngsten Urteil des BGH ergibt sich ein fairer Ausgleich der unterschiedlichen Interessen der Nachbarschaften. Die Zeiten zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr sind dabei zwingend Ruhezeiten und auch die Mittagszeit ist zu beachten“, so Hans-Jochem Witzke.

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